Wird der Kontrast jemals enden? Werde ich jemals innehalten und im Gleichgewicht sein, werde ich jemals zu mir selbst gefunden haben?

Nein. Na ja, ja, aber das wollen Sie (jetzt noch) nicht, glauben Sie es mir.
Dieses Gefühl, diese Last der scheinbar endlosen Entwicklung ist der Grund, warum wir Geschichten, Bücher und Filme lieben, nicht wahr? Ein klarer Anfang, ein klar erkennbares Ende, nicht zu lang, aber lang genug, um den Eindruck zu bekommen, dass man etwas geschafft hat. Mögen Sie Fortsetzungen? Manche Menschen mögen sie, andere hassen sie. Vielleicht werden Geschichte für diejenigen, die sie hassen, zu sehr zur Realität. Manche Menschen scheinen sehr gut auf Fortsetzungen zu reagieren. Vielleicht haben diese Menschen sich mit der Vorstellung abgefunden, dass das Leben eine Anhäufung von Handlungssträngen ist? Ich habe einmal in einer Vorlesung über die kulturellen Aspekte romantischer Filme den Dozenten sagen gehört: „…kein Film könnte jemals so komplex und kitschig sein wie die Realität, die Leute könnten das nicht ertragen, sie würden das Kino verlassen“. Ich denke, das könnte stimmen, für Filme und die Realität. Nur, dass wir den Film, der unser Leben ist, nicht verlassen können, nicht ohne alles hinter uns zu lassen, was wir mit Sicherheit irgendwann von ganz alleine tun. „Das Leben ist eine Reise, kein Ziel“, „der Weg ist das Ziel“. Ich denke, Weisheiten, die wir oft hört, aber nie wirklich verstanden haben, können mit der Zeit ein wenig lästig werden, oder?

Wollen wir wirklich, dass die Konflikte, die Gegensätze dauerhaft aufhören? Ist dieses Spiel der Gegensätze nicht das, worum es im Leben geht? Es ist dieses Hin und Her, dass das Leben überhaupt erst lustig oder zumindest interessant machen kann. Wenn wir uns selbst, uns Lebewesen, als Spieler in einem Spiel mit unendlichem Potenzial, unendlichen Möglichkeiten, sehen, das hört sich für mich nach einer Menge Spaß an. Wenn man bedenkt, dass wir dieses Spiel früher oder später mit absoluter Sicherheit verlassen werden, warum dann nicht so lange mitspielen, wie wir können? Das Leben ist reines und endloses Potenzial, uns werden nie die neuen Dinge, die neuen Gegensätze und Kontraste ausgehen, mit denen wir spielen können. Wir können nie aufhören, Neues zu finden, wir können aber aufhören, nach neuen Möglichkeiten zu suchen, und wir können beschließen, das Spiel zu hassen. Wir können aber auch jederzeit beschließen, es (wieder) zu lieben.

Die Suche nach dem kürzesten und einfachsten Weg von A nach B ist ein berechtigter Wunsch. Aber müssen wir uns stressen lassen, wenn sich der Weg als weniger einfach und länger erweist, als wir ihn uns vorgestellt haben? Ich glaube nicht, dass uns jemand zwingt, Kontrast negativ zu sehen. Wir sollten auf jeden Fall Verbesserungen wollen. Wir sollten auf bessere Dinge hoffen und sie anstreben. Warum sonst sollten wir uns bewegen, verändern und Dinge gestalten? Wenn wir uns dort dauerhaft wohlfühlen, wo wir sind, würden wir das nicht tun, würden wir nichts tun. Ständiger Stillstand ist das Gegenteil von Leben, es ist Tod. Aber wie immer in Dualität, sind beide Seiten gleich wichtig, denke ich. Für mich ist dauerhaftes Ungleichgewicht die Ursache allen Leidens. Nicht die Details, die die eine Seite enthält, sind letztlich das Problem und auch nicht die der anderen Seite. Die Suche nach einer dauerhaften Lösung ist das Problem. Im Sinne beständigen Ausbalancierens kann nicht einmal die perfekte Mitte eine dauerhafte Lösung sein. Ausgewogenheit bedeutet für mich, das richtige Maß aller Dinge zu finden, um es dann loszulassen und das richtige Maß des kompletten Gegenteils zu finden.

Was können wir also tun? Darüber nachdenken, was wir bisher versucht haben, um die Dinge besser zu machen, und dann das Gegenteil finden und uns darauf stürzen. Wenn Sie das Leben sehr ernst genommen haben: Nehmen Sie es etwas lockerer, versuchen Sie, es mehr als Spiel zu sehen. Wenn Sie zu unbewusst gelebt haben: werden Sie bewusster. Wenn Sie hauptsächlich herumgespielt haben: finden Sie einen Sinn. Wenn Sie meist aktiv waren: halten Sie inne und meditieren Sie. Meditieren Sie nicht, um Sinn zu finden, meditieren Sie einfach, um ein Gegengewicht zum Tun in Ihrem Leben zu schaffen, indem Sie einen Moment lang nichts tun. Seien Sie nicht zu starr bei Ihrer Meditation. Seien Sie nicht zu rigide bei irgendetwas. Wenn das Leben so viel Humor hat Abstrakta wie „ich-will-nicht-wollen“ und „ich-tue-nichts-tun“ zu erschaffen, dann dürfen wir, als eine Ausprägung des Lebens, vielleicht ebenfalls ein bisschen weniger rigide sind, aber eben manchmal auch schon ein bisschen mehr.

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